Winger by Peter Schmidt

Winger by Peter Schmidt

Autor:Peter Schmidt [Schmidt, Peter]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-08-24T16:00:00+00:00


22

Sie winkte mir durch das Panoramafenster des Cafés zu, als ich ins Taxi stieg.

"Fahren Sie um die Ecke und warten Sie drüben hinter den Bäumen, wo man uns von hier aus nicht mehr sehen kann", sagte ich zum Fahrer.

"Wollen Sie, dass ich Sie irgendwo hinbringe? Oder wollen Sie lieber in der Gegend Pflaumen pflücken?" Er drehte sich auf dem Fahrersitz nach mir um – ein kahlköpfiger Albino, der nach zuviel herbem Männer-Chanel roch.

"Sind die Pflaumen denn jetzt reif?"

"Guter Mann, ich lebe vom Kilometermachen. Ich habe zwei feste Freunde, die mir das Hemd ausziehen und mir die Haare vom Kopf fressen. Was glauben Sie eigentlich, wie viel Geld heutzutage eine einzige schwule Beziehung verschlingt? Geschenke, Champagner und alles, was Männerhaushalt so braucht. Moderne Tunten wollen ausgehalten werden wie die Mätressen der Herzöge."

"Versuchen Sie's doch mal mit einem, der keine Perücken frisst. Also gut, ich zahle Ihnen den Tarif für die Fahrt in die Innenstadt. Jetzt aber los bitte, ja? Meine Freundin da oben im Café wird langsam nervös. Sie will, dass ich möglichst schnell aus ihrem Blickfeld verschwinde."

Er trat brummend aufs Gaspedal, bog, wie ich verlangt hatte, um die Ecke und hielt mit quietschenden Reifen auf dem Parkstreifen.

"Na also, ausgezeichnet ..."

"Macht achtzehn fünfzig."

"Nicht nach Köln. Nur in die Innenstadt." Ich gab ihm einen Zwanzigmarkschein und stieg aus. "Aber fahren Sie nicht denselben Weg zurück, ja?“, sagte ich und zeigte zum anderen Ende der Straße hinunter. "Das würde meine Freundin noch nervöser machen.

"Sie haben Probleme", seufzte er durch das heruntergekurbelte Fenster.

Der Regen hatte nachgelassen. Dafür gingen jetzt plötzlich wegen des bewölkten Himmels – oder weil irgend jemand an den Knöpfen im Elektrizitätswerk nicht besseres zu tun hatte – die Laternen an. Ich kehrte eilig zum Straßenwende zurück. An der Ecke blieb ich genau auf dem Punkt des Pflasters stehen, von dem Rosa mich aus dem Café noch nicht sehen konnte. Dann beugte ich mich langsam vor ...

Sie ließ sich Zeit mit dem Herauskommen. Vielleicht hatte sie noch einen zweiten Salatteller bestellt, oder der Chianti war ihr in die Beine gegangen. Oder sie ahnte, dass ich hier draußen stand und auf sie wartete.

Aber schließlich ging doch noch die Tür auf, und Rosa kam heraus und spazierte gemächlich, ohne sich ein einziges Mal umzublicken, die Straße entlang. Ich sah träumend ihrem wackelnden Hintern nach.

Ich hätte zwei Schritte hinter ihr sein können, doch das ließ ich lieber bleiben.

Sie erreichte Peter Elmonds Hochsicherheitstrakt, wandte sich prüfend um, zu guter Letzt doch noch – ich hatte es kommen sehen, deshalb stand ich längst gegenüber im Schatten der Trinkhalle –, und wechselte ein paar freundliche Worte mit dem Wachposten im Häuschen.

"Wie ich vermutet habe", sagte ich zu mir selbst, weil man seine Erfolge niemandem gegenüber unter den Scheffel stellen soll, nicht mal sich selbst gegenüber. "Das ausgekochte Früchtchen hat's erst mit Elmond senior versucht, und jetzt ist Peterchen Bundeskanzler an der Reihe. Schöne Karriere für ein armes Mädchen aus dem Osten."



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